Ich habe hier schon einmal etwas über Geschenke geschrieben, an Weihnachten vor 2 Jahren. Und Duncan hat Euch ja bereits erzählt, dass er und Arnulf mir ein gemeinsames Geschenk gemacht haben (was das war bleibt vorerst noch unser kleines Geheimnis). Und auch, dass Arnulf und ich uns nichts schenken.
Geschenke sind eine merkwürdige Sache. Wenn man – wie ich – eine Theologie-Professorin zur Schwester hat, wird es übrigens noch schwieriger. Denn wenn man die fragt, was eigentlich genau ein „Geschenk“ ist, bekommt man erst mal Experten-Antwort Nummer 1: „Das kommt drauf an“. Auf die Frage, worum es beim schenken geht. Wer wem schenkt. Hat es was mit der Beziehung zueinander zu tun? Hat das Geschenk wirklich praktischen Nutzen? Ist es ein altruistisches Geschenk und gibt es so etwas überhaupt wirklich oder zieht der Schenkende eben doch immer auch einen Nutzen aus dem Schenken? Wir haben locker eine halbe Stunde im Kreise der Familie philosophiert und doch nur an der Oberfläche gekratzt.
Können Pferde überhaupt Geschenke machen und wenn ja was wäre das? Hat Duncan mir etwas „geschenkt“? Und umgekehrt: wenn ich meinem alten Merlin seine größeren Mengen an Pamps serviere, die mich größere Mengen an Geld kosten – ist das dann ein Geschenk? Oder meine Pflicht weil er so lange so viel für mich getan hat? Und wenn ich ihn eines Tages erlösen lasse – obwohl ich selbst ihn vielleicht noch ein paar Tage länger bei mir haben wollen würde: ist das dann ein Geschenk?
Und wie ist es überhaupt in dieser verrückten Welt in der wir leben, in der (in unserem Land) so ziemlich jeder so ziemlich alles hat was er braucht und will – wie und was kann man da noch schenken? Deswegen schenken wir uns in der Familie in der Regel nichts. Gelegentlich gibt es ein Geschen, wenn einer etwas entdeckt was er unbedingt passend findet für den anderen. Dieses Geschenk verpflichtet dann weder zu einem Rückgeschenk noch zur Wiederholung. So ist alles entspannter und ich kann zunehmend weniger nachvollziehen warum so viele Menschen sich so viel Stress mit Geschenken machen. Andererseits erfordert es eine offene und ehrliche Kommunikation zu dem Thema, die vielleicht nicht in jeder Familie möglich oder erwünscht ist.
Bei den Pferden rede ich gern von Geschenken, die sie mir machen. Immer dann, wenn sie Dinge tun, die ich so (noch) nicht erwartet hätte. Wenn unverhofft etwas gut klappt oder wenn in einer haarigen Situation ein Pferd sich so verhält, dass niemandem etwas passiert. Finlays letztes großes Geschenk: er hat dafür gesorgt, dass außer ihm selbst niemand verletzt wird. Dass nichts NOCH schlimmeres passiert ist. Und dass ich noch – wenn auch kurz – Abschied nehmen konnte. Solche Dinge sind in meinen Augen Geschenke, die die Pferde mir machen.
Auch Duncan hat mir schon solche Geschenke gemacht. Z.B. als ich mich bei ihm abstützen durfte, weil ich vom Laufen müde war. Aber auch in einer Situation in der er sich erschreckt hat, während ich in einer Hand den Strick und in der anderen den E-Zaun hatte. Er hat sich sehr zusammengerissen um mich nicht umzurennen in dem Moment – ich glaube er wusste, dass er jetzt nicht losspringen darf. Die Grenzen zwischen konditioniertem Verhalten, Erziehung und Geschenken sind fließend. Und ich werde nie erfahren, ob Pferde wirklich Geschenke machen in dem Sinne wie wir sie empfinden. Andererseits weiß ich bei vielen Menschen auch nicht was sie empfinden wenn sie mir etwas schenken.
So bleiben Geschenke etwas rätselhaftes – selbst nach dem Auspacken. Aber wenn es sich gut anfühlt, wenn ich mich reich beschenkt fühle und das annehmen kann ohne mich schuldig zu fühlen, dann kann mir das ja auch letztlich egal sein. Und wenn ich meinem Pony dankbar bin, wird es ihm wohl auch egal sein, ob das Verhalten als Geschenk gemeint war oder vielleicht nur reiner Zufall. Ein dankbarer Mensch ist ein angenehmer Mensch. Insofern sollten wir vielleicht viel mehr Dinge als Geschenke sehen, einfach weil es unser aller Leben schöner macht.