Online-Konferenz

Heute mit Werbung vorab: Ihr habt mein Inteview noch nicht gehört? Macht nix. Ihr könnt Euch immer noch kostenlos anmelden bei der Weihnachtskonferenz von Herzenssache Pferd und von morgen (Freitag) bis Sonntag sind alle Interviews nochmal frei geschaltet. Dann könnt Ihr alle Trainer noch einmal hören. Meine besonderen Empfehlungen sind die Beiträge von Jule Liebelt, Denra Dürr, Ursula Wimmer, Andrea Bethge, Dzéni Bakac und Osteodressage.

Ich selbst habe nicht alle Interviews gehört, aber in fast alle mal reingelauscht. Was mir extrem auffällt, ist die unterschiedliche Herangehensweise der Ausbilder. Viele haben richtige Präsentationen erstellt, Bilder und Videos beschriftet und erklärt und offensichtlich viel Arbeit in ihr Interview gesteckt. Das ist alles sehr interessant und hochprofessionell. Andere – wie ich – sprechen einfach in die Kamera und gestikulieren dabei höchstens mal ein bisschen.

Viele sind sich ihrer Sache sicher. Dann fällt häufig der Satz „Biomechanisch ist es so, dass….“ Interessant ist, dass danach unterschiedliche Erklärungen folgen. Man scheint sich da eben doch nicht ganz einig zu sein, wie so ein Pferd nun genau funktioniert. Ich kenne das aus der Hufpflege schon seit Jahren: jeder erklärt seine Methode mit der angeblich natürlichen Funktion des Hufes, trotzdem kommen ganz unterschiedliche Bearbeitungen dabei heraus und das witzige ist, dass jede dieser Methode spektakuläre Behandlungserfolge vorzuweisen hat. Für mich ist daher schon lange nicht die Frage, welche Methode die richtigie ist, sondern nur noch, welche die richtige für welches Pferd ist. Ich bin Praktiker, ich muss nicht unbedingt wissen, warum etwas funktioniert, obwohl ich da natürlich schon auch neugierig bin. „Biomechanik“ als Totschlagargument lasse ich nicht mehr gelten. Ganz besonders interessant fand ich einen Moment im Interview mit Ursula Wimmer, die erklärte, warum sie genau das, was alle anderen WOLLEN (nämlich das Auffächern des Widerrists) beim reiten NICHT will. Da haben also zwei Seiten die selbe Auffassung der Biomechanik, interpretieren sie allerdings genau anders herum.

Während alle Ausbilder, deren Interviews ich gehört habe, brav ihre Fragen beantwortet und Dinge erklärt haben, habe ich Geschichten erzählt. Ich habe mich öfter mal geweigert, Fragen direkt zu beantworten und musste im Nachhinein lachen, als ich mein Interview gehört habe. Das ist so typisch für mich, meine Schülerinnen kennen das auch von mir nicht anders. Ich pflege zu sagen „es gibt zwei Sorten von Schülern: die einen halten mich aus, die anderen hab ich nicht lang“. Weil ich mir denke, dass es kompliziert sein kann mit mir. Aber viele finden meine Art unterhaltsam und ich selbst habe in meinem Leben am meisten von den Geschichten gelernt, die mir erzählt wurden. Ich glaube, dass Geschichten eine der natürlichsten menschlichen Arten des Lernens sind – und ich bin in guter Gesellschaft (wenn wir nur mal an die Gebrüder Grimm denken zum Beispiel). Wenn ich es schaffe, eine Geschichte so zu erzählen, dass sie zum Nachdenken anregt, zum Fragen stellen ermuntert und Raum zum Ausprobieren öffnet, dann bin ich zufrieden. Denn da nun wieder im Laufe der Konferenz klar wurde, dass jeder dieser Top-Ausbilder die da ausgefragt wurden, andere Antworten hat (mit Schnittmengen versteht sich) und dass Biomechanik kein vollständig erforschtes, feststehendes Handbuch zur korrekten Pferdebedienung ist, müssen wir alle unsere eigenen Wege beschreiten. Jede wie sie kann und will, jede wie es zu ihrem Pferd und den eigenen Ansprüchen passt.

Einen wichtigen Satz, den Ursula Wimmer zitiert hat, möchte ich allerdings aufnehmen: „Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind.“ (Albert Einstein) Wenn also nichts geht, ein Problem sich einfach nicht lösen lassen will mit unseren bisherigen Mitteln, dann dürfen wir mal „out of the box“ denken. Mal jemanden fragen, der eine komplett andere Sichtweise auf die Dinge hat und aushalten, dass uns das merkwürdig vorkommt.

In einem Punkt schienen sich die meisten Interviewten einig zu sein: häufig geht es darum, ob ein Pferd grundsätzlich gesund ist. Dann braucht es nämlich in der Regel gar keine so komplizierte Ausbildung und Spezialtraining. Dann kann man „einfach reiten“ (was kein Freibrief ist für schlechtes reiten!) Dieser Punkt gibt mir vielleicht mehr zu denken als alle anderen, denn ich maule schon seit Jahren, dass wir zu viele kranke Pferde haben. Pferde, die krank gezüchtet werden oder die nicht so aufwachsen, dass sie sich gesund entwickeln können. Pferde, die sich die Beine in den Bauch stehen (selbst in Offenstallhaltung), Pferde die chronisch überfettet und überfüttert sind und dadurch krank werden. Viele Ausbilder haben sich spezialisiert – manche aus eigener Not heraus – auf Pferde mit chronischer Lahmheit. Und ich frage mich, wie viele dieser chronischen Lahmheiten gar nicht erst entstanden wären, wenn wir ein besseres Verständnis von Zucht, Aufzucht, Haltung und Fütterung hätten. Wie viele grundgesunde Pferde wir hätten, wenn schon am Anfang, bei der Auswahl von Stute und Hengst, mehr auf Gesundheit und weniger auf anderes geachtet würde. Wenn mehr Ankaufsuntersuchungen stattfinden würden und das, was dabei heraus kommt, den Kauf auch unter Umständen verhindern würde (wie oft habe ich erlebt, dass Menschen ein Pferd trotzdem kaufen, aus Mitleid oder warum auch immer). Wenn Menschen aufhören würden, die wegen Lahmheit nicht mehr reitbare Stute zur Zucht einzusetzen, wenn Richter aufhören würden, die Pferde mit den spektakulärsten Bewegungen am höchsten zu bewerten, obwohl man ihnen ansieht, dass sie ihm wahrsten Wortsinn nicht gut dastehen – wie viel einfacher könnte unser ALLER Leben sein, vor allem das der Pferde.

Es ist Dzéni Bakac, die in ihrem Beitrag explizit darauf eingeht: Wer es leicht haben will, kauft sich ein gesundes Pferd mit perfektem Gebäude. Ich spoilere nicht den wunderbaren (etwas gemeinen, aber sehr lustigen) Spruch, den sie an der Stelle bringt, er wird für immer in meinem Kopf bleiben.

Wenn wir nun aber ein Pferd mit dem einen oder anderen Problemchen im Stall stehen haben und unseren Zausel natürlich abgöttisch lieben (was denn sonst!), dann bleibt uns nur eins: lernen, lernen, lernen. Damit wir das Beste draus machen können. Und die wunderbare Weihnachtskonferenz von Herzenssache Pferd kann da ein Startpunkt sein, Meinungen hören, Fragen stellen und neue Ausbilder kennen lernen, von denen man sonst vielleicht nie erfahren hätte.

Beteilige dich an der Unterhaltung

1 Kommentar

  1. Liebe Lioba, danke für diesen Beitrag. Auch ich habe schon viel von dir gelernt. Deine Art, Menschen wie mich, zu unterrichten ist einzigartig. Bleib wie du bist. Die Weihnachtskonferenz werde ich mir auf jeden Fall ansehen/-hören 🥰. Liebe Grüße Angelika

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