Ich weiß ja auch nicht wie Ponys das machen. Immer und immer und immer wieder. Es ist mein tägliches Brot damit, das zu beobachten und zu monieren und doch passiert es mir mit meinem Pony auch immer wieder. Das hat etwas magisches. Wie eine Schülerin mir schrieb „ein schlaues Pony verkauft die eigenen Ideen behutsam dem Reiter als die seinen“. Und dabei sollte es doch umgekehrt sein. Gutes Pferdetraining, so heißt es doch, bedeutet, die Idee des Menschen zur Idee des Pferdes zu machen. Nur dass viele Ponys darin halt so viel geschickter sind als wir. Und wir wollen ja, dass das Pony glücklich ist und uns mag und so. Und schon sind wir geneigt, unsere eigenen Pläne anzupassen an die des Ponys.
Das ist genau so lange in Ordnung, wie niemand darunter leidet. Das fatale ist, dass wir so oft übersehen, dass auch unsere Ponys darunter leiden, wenn es überhand nimmt, denn dann sind sie oft gestresst, weil sie eigentlich gar nicht so viel selbst entscheiden wollen, weil Regeln nicht klar sind und weil es Streit gibt, der gar nicht erst ausgebrochen wäre wenn der Mensch vorher eine Grenze aufgezeigt hätte. Spätestens in Corona-Zeiten dürfte jeder Mensch gefühlt haben, dass sich dauernd ändernde Regeln etwas sehr unangenehmes sind. Aber genau da liegt das Problem, denn wenn mein Pony nie still stehen muss, ich dann aber eine Wunde versorgen will und es einfach total nötig ist, dass es still steht, dann muss ich Regeln ändern und das ist blöd. Wenn mein Pony einfach so sowieso immer still stehen muss wenn ich es sage, habe ich das Problem nicht, weil das still stehen zur guten Gewohnheit wird. Aber oft kommt es uns halt so vor als würden wir unser Pony unterdrücken, weil es still stehen muss (oder andere Dinge artig erledigen).
Und ich bin auch wieder in diese Falle getappt. Duncan hat sich so nach und nach beim Spazierengehen ein paar Freiheiten erarbeitet und dann fällt mir auf, dass das so leider nicht funktioniert, denn wenn wir einem fremden Pferd begegnen und mein Pony plötzlich viele, viele Hormone hat, dann muss ich die Regeln ändern. Und das klappt dann natürlich gar nicht.
Nur, wie sind wir denn da wieder gelandet? Wo ich doch schon im Oktober 2020 darüber geschrieben habe dass damit jetzt Schluss ist?
Tja so etwas schleicht sich anscheinend immer wieder ein. Und immer wieder müssen wir uns selbst korrigieren, unsere Grenzen neu ziehen. Ich glaube, Ponys sind einfach wahrhaftig geschickt darin, Grenzen Stück für Stück zu verschieben. Das funktioniert in der Herde ganz genau so. So kann unser kleiner Caruso, der letzte in der Rangfolge, irgendwie doch immer tun was er möchte. Weil er so nett ist und gleichzeitig ein bisschen dreist, schneller als die anderen und mutig. Und die anderen gewöhnen sich fix daran, dass er halb unter ihnen durch krabbelt um zum nächsten Heuhaufen zu kommen, dass er der erste ist, der zur Schüssel kommt (Geschwindigkeit ist keine Hexerei!) und dann, wenn seine Schüssel leer ist, sein kleines Näschen einfach mit in eine Schüssel schiebt in der schon eine (größere) Nase ist. Würde ich das nicht verhindern, wären die anderen machtlos, weil er einfach so ist, wie er ist. Und weil alle ihn so gern mögen und ihm nichts tun, selbst wenn sie mal wütend sind. Es beruhigt mich ein bisschen, das zu sehen, weil ich denke: ich bin nicht die einzige, die auf solche Tricks herein fällt. Er ist lieb und sieht harmlos aus und damit erreicht er jedes beliebige Ziel.
Wenn mein pubertierender Schotte dann allerdings bei meinem Mann nach der winzigsten Ansage total artig ist, dann wird mir wieder klar: Zeit für den Reset-Knopf. Grenzen wieder klarer ziehen. Und ich sehe auch, wie entspannt mein Pony dann ist. Und weiß: ich tue ihm einen Gefallen damit. Im Gefühl kommt das oft nicht so an, selbst wenn der Kopf es weiß. Dann darf ich mich entscheiden, auf den Kopf zu hören und ausnahmsweise das Gefühl zu ignorieren.
Ganz passend dazu hat Maren Grote einen Artikel veröffentlicht. Es geht da zwar um Hunde aber die Parallelen sind unübersehbar. Und ich fühlte mich schon beim Lesen des Titels ertappt: „Führen ist nicht so mein Ding“. Genau. Weil Führen halt anstrengend ist und Verantwortung bedeutet. Und das ist genau der Grund weshalb die allermeisten Ponys zwar ständig versuchen, Grenzen zu verschieben, aber gar nicht „Chef“ sein wollen. Weder mit uns noch in der Herde. Ich sehe unglaublich viele Pferde, die Probleme damit haben, dass sie Herdenchef sein müssen, weil niemand anders den Job macht. Und wir Menschen sind nicht anders: über Politik meckern können wir alle, aber nur wenige haben Lust, den Job zu machen. So ist es nun mal. (Das heißt übrigens nicht, dass ich es falsch finde, zu meckern!)
Naja, also achte ich jetzt wieder darauf, mehr zu führen. Mehr selbst zu entscheiden, präsenter zu sein. Und Duncan ist zufrieden. Bis das Spiel von vorn los geht….