Ich habe hier schon einmal geschrieben, dass und warum ich nicht der Meinung bin, dass wir nur dann zum Pferd gehen sollten, wenn wir perfekt ausgeglichen, gut gelaunt, geerdet und fit sind.
Trotzdem ist meine Stimmung und Verfassung natürlich nicht bedeutungslos für die Arbeit mit den Pferden. Dieser Tagen denke ich mehr darüber nach, was ich wann mit meinen Ponys mache, denn es sind verwirrende Tage für mich. Einerseits ist das Wetter toll und Duncan macht mich wahnsinnig glücklich mit allem was er ist und tut. Andererseits finden außerhalb der Grenzen unseres Paradieses in dem wir hier leben furchtbare Dinge statt, die sich nicht nur jetzt schon direkt auf unser Leben auswirken – nicht nur an der Tankstelle – sondern die ich auch durchaus sehr bedrohlich finde, bedrohlicher als alles was in meinem bisherigen Leben so war. Und obwohl diesmal – im Gegensatz zu Corona – keiner meiner Kunden und Schüler bisher ein Gespräch dazu angefangen hat, schwebt das Thema über unser aller Köpfe. Mir scheint fast, wir Pferdeleute hätten eine unausgesprochene Übereinkunft getroffen, dass wir die Zeit beim Pferd genießen und alles andere ausklammern. Und das finde ich sehr gut so. Denn einerseits hilft es niemandem, wenn wir uns die Zeit mit dem Pferd verderben, andererseits wird diese Zeit auch für unser Pferd verdorben sein, wenn unser Kopf sich mit schrecklichen Szenarien beschäftigt die jenseits unserer Einflussmöglichkeiten liegen.
Und wieder – wie nach Finlays Tod und wie so lange nach Duncans Einzug – übe ich Ambiguitätstoleranz. Aushalten, dass Dinge sich gleichzeitig gut und schlecht anfühlen können. Aushalten, dass eine wahnsinnige Distanz liegt zwischen dem, was ich hier zu hause mit den Ponys erlebe und dem, was ich im Radio höre. Aushalten, dass das im Moment so ist und dass ich es nicht ändern kann. Mir erlauben, glücklich und zufrieden zu sein obwohl ich zur gleichen Zeit aufgewühlt und verängstigt bin. Meine eigenen Sorgen ernst nehmen obwohl ich weiß wie lächerlich sie sind gegen die Sorgen anderer. Schwierig.
Und an solchen schwierigen Tagen schaue ich besonders genau hin, was geht. Welche Dinge kann ich mit den Ponys tun, welche lasse ich lieber? Bei Merlin und Diego weiß ich das. Ich weiß, was mir persönlich gut tut (in meinem Fall sind es Aufgaben die von mir eine hohe Konzentration erfordern, aber nichts neues anfangen. Ich verfeinere bekannte Übungen und mache alles sehr langsam und sorgfältig). Und ich weiß, dass Merlin und Diego in ihrer erfahrenen, gelassenen Art, bereit sind, mit mir das zu tun was ich ihnen vorschlage.
Bei Duncan sieht das anders aus. Derzeit suchen wir keine Herausforderungen mit fremden Pferden. Denn auch wenn ich in der Übungssituation voll konzentriert wäre: einen Rückschlag würde ich nicht aushalten. Ich könnte im Moment nicht verkraften, wenn es schief geht. Und deswegen riskiere ich nicht, dass es schief geht. Ich wähle Aufgaben, die (ziemlich) sicher klappen. Gleichzeitig sorge ich dafür, dass ich nach der Arbeit mit Duncan entweder Zeit für ein anderes Pony habe oder Zeit für mich (mag es auch bei der Stallarbeit sein) so dass ich nicht nach einer vielleicht verpatzten Session los fahren muss und meine miese Gefühlslage mitnehme zu anderen Pferden. Normalerweise bin ich da nicht so zimperlich, aber jetzt zur Zeit schaffe ich mir so einen Puffer. Denn bei allem, was mein Pony im Moment großartig machte, bleibt es doch dabei, dass er erst 3,5 Jahre alt ist. Er ist noch nicht so stabil und verlässlich wie die Großen, das möchte ich an Tagen wie diesen nicht vergessen. Es gibt allerdings inzwischen schon viel mehr Dinge, die wir machen können, von denen ich weiß, dass sie gut gehen. Und so sehe ich auch, wie weit wir schon gekommen sind. Und ich hoffe auf bessere Tage.
Übrigens ist meine Lieblings-Organisation Equiwent auch für die Ukraine tätig. Sie helfen dort nicht nur Tieren sondern auch Menschen und sind froh über jeden Euro.
Bei Equiwent bin ich auch stille Teilhaberin. Alle Daumen hoch für ihre Arbeit!!
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