Diesen Donnerstag ist es leicht, das passende Thema zu finden. Zu dieser Jahreszeit kann es ja eigentlich nur um Weihnachten oder um den Jahresrückblick gehen.
Sicher wird Duncan noch aus seiner Sicht schreiben, wie das Jahr so war, aber heute bin ich dran. Und ich kann sagen: das war ein verdammt gutes Jahr. Für mich natürlich vor allem, weil Duncan mich jetzt trägt. Und das habe ich ganz besonders gemerkt als wir zu unserem Weihnachts-Wald-Ausflug unterwegs waren. Ich erinnere mich noch allzu gut, wie es war, mit Duncan spazieren zu gehen, wenn er Energieüberschuss hatte. Ich war ihm immer zu langsam, die Touren waren immer zu kurz. Er wollte nicht Schritt gehen, schon gar nicht in meinem Tempo. Ich musste mir immer etwas überlegen. Aber ich habe von Anfang an versucht, ihm zu zeigen, dass er eben doch MIT mir zusammen Energie los werden kann, wenn auch nicht auf einen Schlag durch wilden Galopp sondern durch konstantes Gehen. Und jetzt konnte ich die Früchte dieser Bemühungen ernten. Denn Duncans Energieüberschuss ist beträchtlich, als wir im Wald ankommen. Er konnte schon beim Anziehen der Hufschuhe nicht gut still stehen, aber es zeigt sich jetzt, was er gelernt hat. Er reißt sich zusammen, damit ich aufsteigen kann, als ich sitze und er seinen üblichen Keks kassiert hat, ist es aber vorbei mit der Geduld: er will los. Und mein kleiner, vierjähriger Hengst bietet mir flotten Schritt an mit der deutlichen Anfrage, ob wir nicht traben können, aber es ist eben nur eine Anfrage. Und als ich den Trab erlaube, wird es auch kein wildes Gerenne, sondern ein schönes, gleichmäßiges Traben. Ganz taktmäßig geht es durch den Wald und ich kann einfach genießen. Ich habe keine Diskussion, ich muss nicht bremsen, ich muss eigentlich gar nichts tun außer sitzen und nicht stören. Als wir an der Kreuzung kurz aufs Handy schauen, welchen Weg wir nehmen wollten, geht auch das völlig problemlos – Schritt, anhalten, warten, wieder los gehen. Dann in Ruhe wieder antraben. Anstatt zu explodieren, hat Duncan ein Ventil gefunden, durch dass die überschüssige Energie nach und nach kontrolliert entweichen kann. Und wir sind beide glücklich. Ich weiß jetzt auch: ich kann ihm da entgegen kommen. Ich muss nicht auf Biegen und Brechen auf die letzte kleine Artigkeit bestehen und damit einen Streit vom Zaun brechen der uns nirgendwo hin führt. Er kennt den Rahmen und ich weiß: wenn er sich immer an den Grenzen dieses Rahmens bewegt ist das seine Botschaft an mich, wie schwer ihm das eigentlich fällt und dass das das Beste ist, was er mir geben kann. Und das Beste was er mir geben kann ist mir nicht nur „gut genug“ sondern immer noch fantastisch. Korinthenkackerei kann ich mir und ihm also durchaus ersparen.
Am Ende sind wir beide sehr, sehr zufrieden. Er mit dem Ausflug und ich zudem noch mit dem Ergebnis meiner Ausbildungsarbeit. Wir hatten so viel Spaß zusammen!
Wenn ich also zurück blicke auf dieses Jahr, sehe ich all die Dinge, die wir dieses Jahr erreicht haben, aber natürlich haben wir sie in den Jahren davor vorbereitet. Dass ich dieses Jahr angefangen habe, Duncan zu reiten und dass das so wunderbar funktioniert hat, hat damit zu tun, dass ich mich bereits im vorigen Jahr bei ihm abgestützt habe, das Einparken geübt habe, mit dem Bauch über ihm lag und meinen Fuß auf seinem Rücken hatte. Dass ich das machen konnte, liegt wiederum daran, dass ich im Jahr davor geübt habe, dass er Nähe nicht nur aushält, sondern als angenehm empfinden kann, dass ich aber auch geübt habe, zu sehen, was wann geht und wann es ihm zu viel wird. Viele Fehler habe ich da gemacht, weil ich nicht wusste, wie Duncan kommuniziert und weil mir nicht klar war, wie viel Individualdistanz er hat – ganz im Gegensatz zu Finlay.
Als ich neulich in einer Vollmondnacht noch spät bei den Ponys war und ihnen beim Heu fressen zugesehen habe, hatte ich den Wunsch, auf Duncans Rücken zu hüpfen und einfach dort zu sitzen. Wäre es Finlay gewesen, hätte ich das tun können und er hätte es gut gefunden. Ob ich es bei Duncan hätte tun können, wage ich zu bezweifeln, gut gefunden hätte er es ganz sicher nicht. Und so ist es für mich auch ein Jahr gewesen in dem ich noch besser verstanden habe, was Duncan leicht fällt, was er eben so mitbringt und an welchen Stellen ich entweder akzeptiere dass er so ist oder viel, viel Arbeit (in diesem Fall in Freedom Based Training) investiere um nach und nach sein Gefühl dafür zu verändern. Ich habe mich gewissermaßen für beides entschieden: ich werde weiterhin im Freedom Based Training schauen, ob ich ihm noch mehr Freude an Nähe vermitteln kann, aber ich mache uns beiden da keinen Druck. Wenn er niemals möchte, dass ich im Paddock einfach so nah bei ihm bin, werde ich das akzeptieren und nicht persönlich nehmen, denn jetzt nach über 3 gemeinsamen Jahren, weiß ich, wie viel er für mich tut, wie viel Einsatz er bringt und wie viele von den Dingen die ich mit ihm gemeinsam tun möchte, ihm sowieso leicht fallen – wenn nun also etwas, was ich gerne hätte, nie passieren wird, ist das gar nicht schlimm.
Natürlich habe ich viele Pläne und Wünsche fürs nächste Jahr. Aber es ist keine „Problemlösung“ darunter. Weil es keine Probleme gibt. Ganz ehrlich: selbst die Begegnung mit fremden Pferden ist – realistisch betrachtet – kein Problem. Wenn ich Duncans Verhalten objektiv beobachte, weiß ich, dass das für einen Hengst in seinem Alter ganz sicher unproblematisch ist. Dass ich so ein Angsthase bin, ist ja nicht seine Schuld.
Und so ziehe ich aus diesem Jahr vor allem diese eine Bilanz: mein Pony hat alles richtig gemacht. Er hat bewiesen, wie verlässlich er schon ist und sich viel, viel Vertrauen meinerseits erworben. Was für ein feiner Kerl! Danke, mein wunderbarer Duncan.