Ausbildungsziele

Wir sind angekommen. Nach drei gemeinsamen Jahren sind Duncan und ich an einem Punkt angekommen, an dem Dinge sich ändern. In den letzten drei Jahren, während mein kleiner Ritter so vor sich hin wuchs und pubertierte, haben wir all die Meilensteine erreicht, die so zu erreichen sind mit einem jungen Pferd: erste Spaziergänge, erstes Longieren, erste Begegnungen mit all den Dingen die unsere Menschenwelt so zu bieten hat (Autobahnbrücken, Rinderweiden und dergleichen Dinge mehr). Das erste Mal allein Anhänger fahren, das erste Mal auf Kurs, das erste Mal fremd übernachten. Dann schließlich das erste Mal aufsteigen, das erste Mal traben. (Der erste geplante Galopp fehlt auf der Liste noch).

Jetzt ist der kleine Ritter ein „großer“ Ritter (naja, was er halt so groß nennt. Ich finde ihn ehrlich gesagt immer noch klein. Aber er kann mich tragen und ich hoffe auf das kommende Breitenwachstum…..) .

Und so beginnt jetzt eine Zeit, in der Dinge sich ändern. Ich erinnere mich, dass Finlay schon 6 Jahre alt war, als wir so weit waren (was vor allem daran liegt, dass ich mit Finlay alles – auch das anreiten – ohne Zaumzeug gemacht habe, aber auch daran, dass ich viel weniger Erfahrung mit jungen Pferden hatte).

Jetzt sind Ausbildungsziele nicht mehr so klar umrissen. Es ist leicht zu definieren, wann mein Pony das Thema „Autobahnbrücke“ bewältigt hat. Seh ich ja: geht er ruhigen Schrittes rüber, egal was unter ihm entlang saust? Schwieriger zu bestimmen ist „wie gut ist dieses Schulterherein?“ denn natürlich kann man da immer und ewig noch was verbessern – wahlweise an mir oder am Pony. Mit Merlin habe ich noch auf dem letzten Kurs (da war er 26 Jahre alt) an der Verbesserung unseres Schulterhereins im Schritt gearbeitet.

Jetzt habe ich Vorteile, weil ich selbst auf einem höheren Niveau starte, aber zum einen muss Duncan das trotzdem alles üben – erst die Hilfen verstehen, dann die Koordination der Übung, dann die Kraft dafür aufbauen – zum anderen steigen meine reiterlichen Ansprüche an mich selbst ja auch stetig, so dass ich dann eben doch immer noch Verbesserungspotential sehe.

Genau wie bei Finlay damals fällt mir auch heute dieser Übergang zwischen den Ausbildungsphasen schwer. Nun fällt diese Zeit auch noch in den Herbst, einige Ausritte sind nun schon ausgefallen und sicher werden noch mehr ausfallen. Die Zeit, in der wir uns Beschäftigungen in unserer winzigen Halle mit dem miesen Boden suchen müssen, kommt näher. Ich habe mir ein paar Dinge aufgehoben, mit denen wir uns dann beschäftigen können und wo wir neues erproben können, um Abwechslung zu haben.

Es ist für mich schwer zu erklären, warum ich (wieder) mit diesem Übergang meine Probleme habe. Schließlich kann ich mich seit Jahren mit Merlin beschäftigen und ich habe mich ja auch mit Finlay nie gelangweilt. Es ist nur eine andere Stimmung, eine andere Planung. Weniger abenteuerlich, was mir ja eigentlich zu Gute kommt, weil ich ja immer noch auf der Suche nach meiner Komfortzone bin, die ich nach Finlays Tod so gründlich verlassen habe. Eigentlich bin ich froh, dass ich jetzt eine so solide Basis habe, dass ich mir selbst aussuchen kann, wann ich ein Wagnis eingehe und wann ich einfach bei all dem bleibe, was schon gut klappt. Vielleicht ist es das selbe Thema, das Eltern mit Kindern haben, wenn die „plötzlich“ erwachsen sind. Das elterliche Gehirn sieht eben immer noch ein Kind und es dauert, bis man sich angepasst hat. So sehr ich mich danach gesehnt habe, dass Duncan endlich erwachsen wird, ich mich auf ihn verlassen kann, wir uns gut kennen – trotzdem braucht es etwas Zeit, bis ich im neuen Stadium ankomme. Vielleicht, weil es nicht ICH bin, die ihn erwachsen gemacht hat. Das hat er ja selbst gemacht und er selbst bestimmt, dass er jetzt (im Moment) erwachsen ist. Ob da nochmal Pubertät kommt, verrät er mir ja auch nicht. Ob das, was er jetzt an Verhalten zeigt, die „endgültige Version“ seines Charakters ist – wer weiß?

Ich weiß nur, dass meine Ausbildungsziele sich ändern und ich jetzt lernen muss, neu zu denken. Auf dem Reitplatz so mit ihm zu arbeiten, wie ich es mit Diego und Merlin tue. Im Gelände so mit ihm unterwegs zu sein, wie ich es mit Finlay war. Nicht mehr ständig alles abzuscannen auf mögliche Störungen, nicht mehr ständig aufpassen zu müssen auf grundsätzliches Benehmen (weil grundsätzliches Benehmen bei ihm jetzt genauso sicher oder unsicher ist wie bei Merlin oder Diego). Mich auf meine gut geübten Kommandos verlassen, so weit man sich bei einem Lebewesen eben darauf verlassen kann. Und verstehen: mein kleiner großer Duncan ist erwachsen. Zumindest im Moment.

Mal sehen, was diese neue Phase uns zu bieten hat. Wie viel Lust er hat, an Details zu feilen. Wie viel Abwechslung er braucht. Und ein neues Abenteuer habe ich auch in petto, aber dazu kommen wir erst später, nach gründlicher Vorbereitung.

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