„Wir müssen mal das ganze Gelersch da weg räumen“ sagt Arnulf zu mir. Ich bin sehr beeindruckt. „Gelersch“ ist ein hessisches Wort und zwar eins, das mein Vater gern und oft verwendet. Jede Art von Krempel heißt „Gelersch“. Dadurch, dass mein Vater es so oft sagt, hat Arnulf es in seinen Wortschatz aufgenommen. Nur ist er halt kein Hesse und es mangelte an der Aussprache. Der Hesse hat ja so einen bestimmten Tonfall – jeder Dialekt hat ja seine ganz eigene Tonlage und Sprachmelodie. Und die nachzuahmen ist nicht leicht, wenn man mit einem anderen Dialekt aufgewachsen ist. Aber diesmal kam das Wort „Gelersch“ sehr natürlich und schön gesprochen über Arnulfs Lippen. Sieh an, Übung macht den Meister!
Wir sprechen den Dialekt mit dem wir aufwachsen. Wenn wir umziehen, können wir uns anpassen oder es lassen. Mancher spricht sein Leben lang hessisch, obwohl er längst in Schleswig-Holstein wohnt. Meine schlimmste Zeit war die in der man mich hier im Norden immer direkt als Hesse identifizierte, während man mir im Urlaub in Hessen nachsagte, ich würde schon wie ein „Fischkopp“ sprechen. Identitätskrise! Dabei ist das ja alles Deutsch. Noch ganz anders wird es in der Schweiz. Meine Schwester wohnt nun dort. „Ist das gut für Dich?“ fragte sie mich neulich – zum Glück mit der Erklärung dass der Satz Schweizerdeutsch ist. Denn im Hochdeutschen hätte er an der Stelle gar nicht gepasst. Wir hätten gesagt „ist das ok für Dich?“ und obwohl beide Sätze ähnlich klingen, sind sie eben doch sehr unterschiedlich in der Bedeutung – zumindest im Hochdeutschen.
Mein kleiner Duncan spricht meine Sprache. Meine Art Körpersprache, meine Stimmkommandos. Inzwischen versteht er auch Arnulfs Sprache ganz gut. Aber sonst halt nix. Als wir neulich Doppellongenunterricht hatten, hatte er keinen Plan, was die fremde Frau in der Mitte meinen könnte. Er war sehr verwirrt, wurde immer langsamer und als ich dann übernommen hatte und wir die Situation klären konnten, musste er erst mal ganz oft gähnen. Das war so verwirrend mit der fremden Person! Solche Situationen erinnern mich daran, dass ich mein Pony öfter mal bewusst aus der Hand geben möchte, damit er lernen kann, auch andere „Dialekte“ zu verstehen. Damit er nachher nicht verwirrt ist, wenn jemand fremdes kommt und etwas von ihm möchte, was er nicht versteht. Kann ja schnell mal passieren, wenn ich da so an geplante Abenteuer denke… und wenn es nur ist, dass ihn jemand für mich kurz mal halten soll.
Aber das Pony aus der Hand geben ist auch schwer. Ich bin ja gern mal „Helikopter-Mama“ und kann nicht gut aushalten, wenn mein Pony sich dann mit anderen auseinandersetzen muss die in meinen Augen vielleicht zu viel verlangen, zu viel Druck machen oder sich nicht verständlich ausdrücken. Das fällt unter die Kategorie „Chaos üben“ und es kommt mit auf meine Liste der zu übenden Dinge. Neben Brücken, Dörfern und fremden Pferden…..