„An welchen Stellen haben Deine Füße Kontakt mit dem Steigbügel?“
So, nun gibt es dazu eine Lehrbuchantwort. Und eine individuelle. Und die individuelle hängt von so vielen Faktoren ab: die Form und Beweglichkeit der Reiterhüfte. Die Länge der Beine in Relation zur Größe des Pferdes. Die Rumpfform des Pferdes. Die Länge der Steigbügelriemen – die wiederum mit der Form des Sattels zusammenhängt aber natürlich auch mit der Frage was man reiten möchte und mit welcher Steigbügellänge man sich wohl fühlt. Wieso reiten dann fast alle mit den gleichen Steigbügeln? Das kann nicht sein. Und immer öfter stoße ich auf solche kleinen Dinge, in denen jeder macht was alle machen und gar nicht geschaut wird ob das passt.
Schlimmer wird es beim Sattel. Da komme ich zu einer Reitschülerin die besser sitzen möchte und muss leider fest stellen dass das in dem Sattel gar nicht geht. Regelmäßig wird die Sattlerin fürs Pferd geholt, damit auch ja alles passt (und leider passt es trotzdem oft nicht!). Dass aber die Reiterin in diesem Sattel im Hohlkreuz sitzen muss, wird nicht beachtet. Dass das Sattelblatt zu gerade geschnitten ist für die benötigte Steigbügellänge – egal.
Zügel! Da tun es ja noch die alten aus dem Schrank. Verdreht, hart und mit Stegen dazwischen. Die werden mit Karabinern ins Gebiss gehängt. Dann werde ich gefragt, wie die Zügelverbindung feiner werden kann – ja so halt nicht.
Es wird viel gemeckert (zu Recht) über Reiter, die versuchen, Reitunterricht durch Equipment zu ersetzen. Dem gegenüber stehen die Reiter, die meinen, mit der Ausrüstung von der Stange müsste jeder Reiter jedes Pferd reiten können, wenn er denn nur gut genug ist. Beides funktioniert nicht.
Was war mein Leben einfach, als ich ohne Zaumzeug auf dem Platz geritten bin! Ein leichtes Pad zwischen mir und dem Pferderücken, zwei kurze Gerten, fertig war die Ausrüstung. Dann kam Finlay und wollte was anderes. Ein Zaumzeug musste her. Ich hatte Glück, konnte mir EIN Bosal anfertigen lassen für Merlin und Finlay, weil es beiden gepasst hat. Und – noch mehr Glück – heute passt das selbe Bosal meinem Duncan. Da habe ich viel Geld gespart. Auch Finlays alter Sattel – der zwar nur eine Übergangslösung ist, aber eben immerhin das – passt auf Duncan. Aber bei den Steigbügeln geht es schon los. Ich bin schrecklich, was Steigbügel angeht. Und meine Lieblingssteigbügel hatten keinen Korb. Ich habe aber aus meinem letzten Distanzritt mit Finlay gelernt: das Pony war müde, ich bin viel gelaufen. Leider sind meine Reitschuhe keine Laufschuhe und es war endlos unbequem und anstrengend. Jetzt habe ich bequeme Wanderschuhe, die möchte ich gern auch zum Reiten tragen. Ein Korb muss also an die Steigbügel, damit mein Fuß nicht durchrutschen und hängen bleiben kann. Alle Steigbügel mit Korb finde ich aber unbequem. Und so muss die Haus- und Hofschneiderin ran, die mir einen Korb an meine Lieblingssteigbügel baut (Duncan berichtete darüber). Jetzt habe ich es bequem und sicher und ich merke, was für ein großer Unterschied das ist. Wenn man auf Distanzritt will – selbst auf einen ganz kleinen – ist man stundenlang mit dem Pferd unterwegs. Viel Schritt, aber später auch viel Trab. Wehe, wenn da die Reithose oder der Steigbügelriemen scheuert. Wehe, wenn der Sattelgurt nicht richtig am Bauch des Pferdes sitzt (mein neuestes Thema, denn Duncan hat anscheinend eine sehr spezielle Bauchform an die nichts so richtig passen will).
Aber auch im Schülerinnenkreis: dieses Gebiss ist dem Pferd zu groß, zu klein, zu dick oder zu dünn. Oder die ach so pferdefreundliche gebisslose Variante rutscht dem Zausel am Kopf umher. Hier quetscht der Genickriemen den Ohransatz (so oft! Bitte schaut danach!), dort rutscht ein Nasenriemen herunter, wenn man ihn nicht viel zu fest anzieht. Ganz zu schweigen von Gerten und Peitschen, bei denen sich die wenigsten auskennen. So wird irgendwas verwendet. Ein hektisches Pferd mit einer Bogenpeitsche anzufuchteln ist aber eine blöde Idee und einen Energiesparer mit einer flexiblen Dressurgerte ins vorwärts zu motivieren klappt fast nie. Umgekehrt wird der Horsemanship-Stick nicht viel weiterhelfen, wenn es an die Piaffe geht. Fast jedes Werkzeug hat seinen eigenen Sinn und taugt nichts, wenn man es zweckentfremdet benutzt.
Ich finde, wir reden zu wenig über Equipment. Und wir probieren zu wenig aus. Erst neulich habe ich eine ehemalige Schülerin wieder gesehen (die jetzt leider sehr weit weg wohnt) und wir haben ein Unterrichtsstündchen gemacht. Ihr Pferd war plötzlich nicht mehr gebisslos unterwegs und ich fragte überrascht nach. Sie hatte mir immer gesagt, Gebiss geht bei ihm nicht, das hat man im Beritt versaut. Dabei hätte ich mir gewünscht sie könnte ihn mit Gebiss reiten denn ohne wirkte das alles sehr unglücklich. Jetzt erzählte sie von ihrer neuen Reitlehrerin, die ihr ein Gebiss mitgebracht hätte und siehe da: Pferd glücklich, Reiterin glücklich. Toll! Es lag nämlich nicht am Gebiss an sich, sondern an DEM Gebiss was benutzt wurde und dem Pferd nicht behagte.
Es wird hierzulande zu wenig getauscht und verliehen, finde ich. Ich versuche da mit gutem Beispiel voran zu gehen und und leihe und verleihe Equipment wo immer es geht. Kein Mensch kann und sollte alles gleich kaufen müssen um es ausprobieren zu können. Aber auch online gebraucht kaufen und verkaufen ist natürlich eine gute Option. Wir können unseren Pferden nun mal nicht den Katalog hin halten und fragen, was sie gern möchten. Es liegt an uns, immer wieder zu überprüfen, ob es nicht noch besser geht. Und wir dürfen da auch an uns selbst denken, denn wenn wir mit unpassendem Equipment kämpfen, bleiben wir selbst unterhalb unserer Möglichkeiten. Es lohnt sich immer, anderen Reitern über die Schulter zu schauen: so reite ich neuerdings mit Stulpen anstatt Lederchaps. Da mir im Gelände immer die Steigbügelriemen das Schienbein malträtieren, hatte ich bisher Chaps an. Wer hätte denn gedacht, dass einfache Wollstulpen um ein vielfaches gemütlicher sind? Und nicht, wie man vielleicht meinen möchte, nach 2 Ausritten hinüber sind. Hab ich von meiner Freundin gelernt. Kostenpunkt: Null Euro, denn Stulpen habe ich eh zu hause. Nach erfolgreichem Testen kaufe ich mir jetzt ein paar extra dicke. Für den Ritter brauche ich einen anderen Sattelgurt. Zwei habe ich bereits gebraucht gekauft, beide sitzen nur so einigermaßen. Also werde ich sie über kurz oder lang wieder verkaufen und andere ausprobieren, nützt ja nix. Wenn ich eins gelernt hab von den Distanzreitern, dann ist das, dem Equipment VIEL mehr Aufmerksamkeit zu geben. Nur weil unsere Pferde eine halbe Stunde oder Stunde etwas ertragen, heißt das nicht, dass es wirklich passt. Und wenn man dann länger unterwegs ist, dann zeigt sich das: Da scheuert was oder es drückt, engt die Atmung ein oder behindert die Schulter in der Bewegung. Seid kritischer mit der Ausrüstung, Euer Pferd wird es Euch danken. Und Ausprobieren schadet nicht, vielleicht erlebt Ihr die eine oder andere Überraschung!